Montag, 22. Dezember 2014

Kein Weihnachtsgeschenk für die NLB


Und es dreht sich doch alles im Kreise. Mit diesem lapidaren Satz sei das Fazit dieses Textes vorweggenommen. Denn die Nachricht, welche uns vergangene Woche erreicht hat und bei welcher es im Kern um die Reform der NLB geht, kann für die NLB-Vereine eigentlich nur eine Quintessenz haben. Dazu aber am Schluss der Ausführungen.

Schon wieder ein "Leuchtturm" 
Trotz mehr oder weniger gesunden Finanzen dank grosszügigen Investoren, einem ansehnlichen Budget und einer einwandfreien Infrastruktur sind die Rapperswil-Jona Lakers in der NLA ein notorischer Verliererverein. Der Traum vom einstigen Rapperswil-Macher und Mäzen Bruno Hug, dass Rapperswil dereinst um den Meistertitel spielen würde, ist in weiter Ferne. Wie vergangene Woche nun bekannt wurde, sollen jetzt ebendiese Lakers die Idee verfolgen, ein Farmteam in der NLB zu installieren. Der ideale Partner sei im SC Herisau gefunden worden. Herisau, einst selbst ein glorreiches NLA- und NLB-Team, spielt unterdessen in der 2. Liga. Gleichwohl soll es mit einem juristischen Konstrukt möglich sein, die Herisauer (ohne das aktuelle 2. Liga-Team aufzulösen) auf nächste Saison in der NLB zu platzieren. In diesem „neuen“ SC Herisau sollen die besten Junioren der Ostschweiz zusammengefasst werden. Also nicht nur Rapperswiler Junioren, sondern alle Talente aus dem Osten, sowie die vom HC Davos, wie es anscheinend die Wunschvorstellung der Rapperswiler ist. Ein neuer "Leuchtturm" im Osten des Schweizer Eishockeys soll entstehen. Eine Bezeichnung, die eigentlich bereits Hockey Thurgau für sich beansprucht. Die Begeisterung dürfte sich beim NLB-Verein Hockey Thurgau logischerweise in Grenzen halten. Zumal die Thurgauer mit seriöser Arbeit die Ostschweizer Hockeyszene erst wieder so richtig am beleben sind.
Finanziert würde die ganze Lakers-Idee neben Sponsoring- und Zuschauereinnahmen von den Lakers und von einer eigens zur Unterstützung des „neuen“ SC Herisau geschaffenen Gmbh. Im Schnitt rechnet das Konstrukt mit 1000 ZuschauerInnen pro Spiel. Die Zuschauerzahl wäre aber nur der Gipfel aller Utopie und Ahnungslosigkeit der Materie, welche die Lakers-Strategen an den Tag legen würden.

Ohne Identität keine Unterstützung
Herisau ist eine Gemeinde von etwas mehr als 15'000 Einwohnerinnen und Einwohnern und zusammen mit Trogen Hauptort des Kanton Appenzell Ausserrhoden. Herisau ist unter anderem Nachbargemeinde von St. Gallen. Das Einzugsgebiet ist daher bescheiden, da Herisau viel eher ins Einzugsgebiet von St. Gallen gehört als umgekehrt. Und in St. Gallen ist Fussball Trumpf. Ausserdem waren die Zuschauerzahlen bei den Herisauern zuletzt rückläufig. Bereits bei ihrem letzten Gastspiel in der NLB kamen am Schluss selten mehr als 2000 Zuschauerinnen und Zuschauer zu den Heimspielen. Ausserdem kämpften die Herisauer auch letzte Saison wieder mit finanziellen Problemen. Von einer Verankerung oder gar einer Hockeybegeisterung ist man schon nur aus dieser Perspektive her weit entfernt.
Käme hinzu, dass diesem SC Herisau – auch wenn aus dem „Original“ geboren – die Identität fehlen würde. Das Team wäre aus den besten Junioren der Region zusammengewürfelt, sobald bei den Lakers Bedarf besteht oder ein für sie lukrativer Transfer zu entstehen scheint, sind die Spieler schneller weg, als sie gekommen sind. Kompetitiv hätte dieses Konstrukt keine Ansprüche, da es ja in der NLB bleiben soll. Dank der Reformunwilligkeit der NLA wird es auch vorderhand keine NLB-Absteiger geben. Nur wer interessiert sich für ein solches Retortenteam? Wem die Antwort „GCK Lions“ nicht genügt, der sollte sich rasch mit dem Schweizer Eishockey auseinandersetzen. Denn wie sagte der heutige Geschäftsführer der GCK Lions, Simon Schenk, bereits 2005 im Hockeyfachmagazin "Top Hockey" über seine GCK Lions: "Ohne Identität hat man auch keine Unterstützung."

Eine "neue" Welle
Mit den Gelüsten nach einem Farmteam sind die Lakers aber nicht alleine. Ambri schielte bereits nach Biasca, Genf und Lausanne möchten (wieder einmal) Morges in der NLB platzieren, Fribourg zeigt sich an einer intensiven Partnerschaft interessiert mit einem NLB-Team interessiert und auch der SCB lebt zumindest im Geheimen wieder solche Phantasien aus. Ob Biasca wirklich eine sinnvolle Investition wäre, ist mehr als fraglich, finden sich doch bereits heute kaum mehr als 300 Zuschauerinnen und Zuschauer pro Spiel in der Pista Ghiaccio Biasca wieder. Morges war nach seinem letzten NLB-Gastspiel nach kurzer Zeit wieder bankrott, mehr als 1000 Zuschauerinnen und Zuschauer verirrten sich dabei selten in die Patinoire des Eaux Minérales. Witziges Detail am Rande: bereits damals bestand zumindest in groben Zügen eine Partnerschaft zwischen Lausanne und Morges. Und Fribourg hatte bereits nach der Jahrtausendwende zuerst eine enge Partnerschaft mit Olten, als dies nicht mehr stimmte, ging man eine solche mit La Chaux-de-Fonds ein, welche unterdessen längst wieder beendet ist.
Es ist daher Tatsache, dass bis heute einzig das Konstrukt ZSC/GCK langfristig erhalten blieb. Es ist ja beinahe erbärmlich, wie Bern, Fribourg und Ambri beim letzten Versuch ein neues NLB-Farmteam zu installieren, die Young Sprinters ohne zurück zu blicken fallen liessen. Ein Farmteam ist teuer, aber nicht rentabel. Das würden die Lakers nach einem Jahr ebenfalls merken. Dass sie aber nicht allzu weit denken, bewies der ehemalige Geschäftsführer Reto Klaus bereits 2005 mit seinem vehementen Einsatz für eine geschlossene NLA. "Die wirtschaftliche Planbarkeit würde die sinnlose Geldvernichtung im Auf- und Abstiegskampf verhindern", so Klaus damals in der NZZ. Eine geschlossene Werkstatt für notorisch unfähige Vereine - solche Quasimonopolideen versucht man in der Wirtschaft nicht umsonst zu verhindern. Während Klaus damals noch ein wenig Rückendeckung erhielt, gehörte er 2010 bereits wieder zu den Gegnern, als Langnau dasselbe vorschlug. Er beschimpfte die Tigers sogar als "Nostalgiker-Gruppe". Das unterstreicht seine Kompetenz und es ist daher nicht verwunderlich, dass er unlängst aus seinem Amt geschasst wurde. Die Denkfehler haben aber offensichtlich in der Organisation Bestand, einfach von anderen Personen eingebracht.

Nichts aus der Geschichte gelernt
Allgemein bleibt für die Partnerteamgedanken der NLA-Teams manchem, der ein wenig in den Geschichtsbüchern wühlt, nur ein müdes Lächeln übrig. Im 2005 widmete sich nämlich ein Artikel im "Top Hockey" ausführlich der Thematik Partnerklubs. Rechtlich waren damals solche Zusammenarbeiten bereits seit rund zehn Jahren möglich. Nach der Jahrtausendwende begann die Hochphase der Partnerschaften aber erst. Die NLB-Teams frassen dabei den NLA-Clubs zuerst noch aus der Hand. Dass Spieler dauerhaft in der NLB platziert werden sollen, wurde geglaubt. Schlussendlich waren und sind die NLB-Clubs aber nicht mehr als Auffangbecken und Abstellplätze für Spieler die im NLA-Team kein Platz finden. Der A-Klub hat freie Verfügung und lebt diese aus. Viele zwar nur im Notfall, wie manche betonen mögen - der Notfall ist aber relativ. Ob Visp mit der Partnerschaft mit dem SCB wirklich glücklich ist, darf ruhig hinterfragt werden. Ein Marco Müller, der in Visp vorgesehen war, pendelt zur Zeit quasi zwischen NLA und NLB hin und her. Bereits im 2005 meinten die ambitionierten NLB-Vereine, dass man nicht plötzlich während der Saison ein Spieler an ein Partnerteam abgeben wolle. Diese Aussage war unter anderem vom heutigen Verbandsfunktionär und damaligen Manager der Basler Ueli Schwarz zu vernehmen. Erstaunlich daher, wie er jetzt zu denen gehört, die anscheinend solche Partnerschaften zumindest insgeheim unterstützen, um die NLB quantitativ wieder zu stärken. Dies zeigte auch sein Vorschlag zur Begrenzung der Ausländerzahl oder zur Verpflichtung der NLB-Clubs eine bestimmte Anzahl an U23-Spielern pro Spiel einzusetzen. Wie er damals als Manager von Basel auf solche Ideen reagiert hätte, ist unschwer zu erraten.
Heute ist das Spitzenfeld in der NLB ausserdem grösser als noch vor zehn Jahren. Damals waren Basel und Biel Spitzenteams, davor Genf, danach Lausanne. Heute sind es mit Langnau, Visp, Olten, Langenthal und La Chaux-de-Fonds deren fünf Clubs, die hohe Ambitionen besitzen. So erscheinen die Worte von Ligapräsident Marc Furrer zu Saisonbeginn schon wie ein schlechter Witz, als er sich für eine starke NLB aussprach. "Wer beispielsweise einmal an einem Derby Olten-Langenthal war, der möchte so etwas nicht missen." Das tut er aber, wenn er sich nicht dagegen ausspricht, dass die NLB zur Farmteamliga verkommt. Denn dieser Weg bringt möglicherweise zumindest kurzfristig mehr Teams in die NLB, wie von allen gewünscht, sichert aber die Zukunft der NLB nicht. Das Niveau würde sinken, da für Teams wie Olten oder Langenthal langfristig die Liga unattraktiv wird. Eine Hybridliga ist Wunschdenken. Denn Spiele gegen Herisau, Biasca oder Morges sind sportlich für Gelegenheitszuschauerinnen und -zuschauer so interessant wie es heute die Spiele gegen die GCK Lions sind. Sponsorenauftritte würden weniger attraktiv, zumal das Image der NLB automatisch dahin tendieren würde, dass man nur noch von einer Farmteamliga sprechen würde. Aussagen wie die von Marc Lüthi, CEO vom SCB, dürften dann der Vergangenheit angehören. "Nie während dem ganzen Spiel hatte ich das Gefühl, dass da eine NLB-Mannschaft spielt", meinte er nach dem Cupspiel gegen Langnau. Ja lieber Marc Lüthi, Langnau wird in der NLB trotz der aktuellen Dominanz auch regelmässig gefordert. Visp hat im Achtelfinal des Cups nicht per Zufall gegen Davos gewonnen, auch wenn dort bei Weitem nicht alle Stars aufliefen. Wenn Marc Lüthi und seine NLA-Kollegen sich ein wenig mehr mit der NLB auseinandersetzen würden, würden sie erkennen, dass nicht nur Langnau in der NLB auf hohem Niveau Hockey spielt. Aber wer kann es den NLA-Vereinen Übel nehmen, wenn selbst die Ligaspitze zu keinen qualifizierteren oder glaubwürdigeren Aussagen im Bezug auf die NLB fähig ist.
Nun, zumindest den Fantasten aus Rapperswil kann nur das Handwerk gelegt werden, wenn sie selbst absteigen sollten oder sich die NLB im unerwarteten Fall von der NLA lossagen und das Schicksal der NLB selbst in die Hand nehmen würde (parallel zu Schweden). Das realistischste Szenario aus Sicht eines ambitionierten NLB-Vereins bleibt aber: Suche die Flucht nach oben, die NLB wird nämlich zerstört. Einmal mehr ist die Quintessenz zur Zukunft der NLB daher dieselbe. Eben, das Thema dreht sich im Kreise und das immer schneller.

Für Freunde des gedruckten Wortes: Dieser Text erscheint ebenfalls in einer dreiteiligen Serie in den EHCO-Matchprogrammen vom 23.12., 27.12. und 04.01.

Mittwoch, 19. November 2014

Hochmut kommt vor dem Fall



Diskussionen über Reformen des Schweizer Eishockeys beziehungsweise deren Ligen wiederkehren in etwa so oft wie Christian Constantin in seinen besten Zeiten seine Trainer wechselte. So oft also, dass beispielsweise Köbi Kölliker - aktuell Sportchef beim EHC Olten - sich schon gar nicht mehr darüber den Kopf zerbricht. Zu oft wurde eine Idee angestossen, zu oft geschah nichts. Selbst wenn die Schlagzeilen zu der Ligaversammlung vom Mittwoch an relativ vielen Orten zu lesen sind, so überrascht es die Wenigsten, dass die Entscheide an dieser Versammlung in etwa so prickelnd sind wie eine Cola, die bereits seit einer Woche im Kühlschrank stand: süss anzuhören, aber völlig fade im Geschmack! Dies, obwohl eine ernsthafte Diskussion über die Ligenstrukturen nicht erst seit diesem Jahr von Nöten wäre. Aus Sicht der NLB wäre sie im Moment besonders dringend, eine Liga höher ziert man sich darum, dort läuft ja schliesslich alles wunderbar. Es verwundert daher nicht, dass seit Saisonbeginn Ideen vor allem von Seiten von NLB-Vereinen kamen, sowie ein paar halbherzige Denkanstösse von der Liga selbst. Die Liga kann sich vorstellen eine Ausbildungsliga zu kreieren, welche klare Rahmenbedingungen hätte, was Spieleralter, Anzahl Söldner sowie Ligagrösse anbelangt. Der Vorschlag aus Martigny sah viel mehr ein Schwedisches System vor, mit weniger Zwängen bezüglich Spielermaterial, dafür mit einer selbstständigen Vermarktung der NLB durch die Vereine der zweithöchsten Liga (beides hier zu finden: 2.bp.blogspot.com/-cnnKp0HTR3Y/VEIWcgIcP1I/AAAAAAABGN0/GrrNwapl-uY/s1600/red-ice.gif ). Eines der grössten Anliegen der NLB-Vereine ist seit jeher die grössere Durchlässigkeit zwischen der NLA und der NLB, ja bei manchen inklusive der Durchlässigkeit zwischen der NLB und der 1. Liga. Unvergessen als 2007 ganz Biel "Liga-Mafia" schrie und der Verein sogar rechtlich gegen das Auf-/Abstiegssystem vorging - erfolglos. Es ist leider auch wenig verwunderlich, dass die Vorkämpfer für eine starke NLB und mehr Durchlässigkeit zwischen den Ligen seit ihrem Aufstieg von ihre Pionierarbeit anscheinend nichts mehr wissen wollen. Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern, wenn ich das, was ich haben will auch so bekommen habe.

Wer wirtschaftet besser?
Es war also klar, dass das Vorhaben der NLB (ohne die GCK Lions) an der Ligaversammlung scheitern würde. Die A-Vereine stehen im Moment viel zu gut da, die Arroganz ist enorm - dies ist schon nur anhand der Fanforen zu erkennen. Von "Pleiteliga" wird gesprochen oder als "Trostpreisliga" wird die NLB beschimpft. Dies vor allem wegen den zahlreichen Konkursen in den vergangenen Jahre. Die kamen durch den Absprung von Mäzenen (Chur), Misswirtschaft (Sierre, Morges, Martigny), aufgrund inkompetentem Führungspersonal (Basel) oder wegen ausbleibenden Versprechen (Neuenburg) zustande. Die Wenigsten wollen aber die Begründungen für die finanziellen Kollapse wissen, denn dann müsste man sich mit dem System ernsthaft auseinandersetzen und merken, dass selbst in der NLA etwas krank ist.
Wer nämlich auf die vorhandenen Jahresabschlüsse der Vereine aus der NLA und der NLB blickt, muss unweigerlich feststellen, dass in der NLB anscheinend erfolgreicher und schlanker gewirtschaftet wird. Dank einem Kollegen steht mir diese aus meiner Sicht interessante Zusammenstellung zur Verfügung (die Zahlen von Lausanne, Genf, sowie Red Ice und GCK (ist im ZSC-Budget integriert) fehlen). Es ist augenfällig, dass mit Ausnahme vom SCB kein einziger NLA-Verein profitabel ist. Die Kloten Flyers weisen zwar einen Gewinn von 200'000 Franken aus, dies aber nur weil der operative Verlust von über drei Millionen Franken vom guten Geiste Gaydoul ohne mit den Wimpern zu Zucken gedeckt wurde. In der "Pleiteliga" sind es immerhin fünf Vereine, die schwarze Zahlen schreiben konnten. Vereine wie Olten und Visp zum wiederholten Mal! Kommt hinzu, dass in der NLB kein einziger Verein einen Mäzen hinter sich weiss (ausser Ajoie mit der Tabakindustrie). In der NLA sind es immerhin drei Vereine (Lugano, ZSC Lions und Kloten Flyers), Davos wäre ohne den Spenglercup längst pleite und in Rapperswil sorgen ein paar potente Verwaltungsräte, dass der Zirkus nicht in die Knie gezwungen wird (welch originelles Wortspiel). Ambri lebt im Weiteren von seinem Kultstatus, schleppt aber bereits seit Jahren ein strukturelles Millionendefizit mit sich und bettelt in regelmässigen Abständen bei seinen Anhängern. Ausserdem werden neue NHL-Söldner verpflichtet, während der Verein anscheinend gleichzeitig finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommt - dies musste ein Spieleragent kürzlich verwundert zu Kenntnis nehmen. Aber das verzeiht man Ambri, es ist ja schliesslich ein Kultverein.
Diese Darstellung zeigt, dass die NLB-Vereine unterdessen äusserst realistisch und rational denken und handeln. Dass man sich in Martigny ernsthaft überlegt, sich auf kommende Saison aus dem Spielbetrieb zurück zu ziehen, hat nichts mit Misswirtschaft, sondern mit Weitsichtigkeit zu tun. Der Verein will nicht Geld in die Wüste pumpen und gleichzeitig feststellen müssen, dass sich das Aufrechterhalten eines Vereins nie auszahlen wird beziehungsweise keine genügend grosse Akzeptanz in der Region zu finden ist. Es wir ehrlich gewirtschaftet in der NLB, etwas was mit Bestimmtheit nicht immer der Fall war, aber die Vereine haben gelernt. Dies kann von der NLA nicht behauptet werden und sie nehmen die Zeichen der Zeit anscheinend nicht oder ungenügend zur Kenntnis.

Preistreiberei
In der NLA jagen sich die Teams mit immer höheren Budgets in ungeahnte Sphären ohne die Gefahren dahinter zu sehen. Die NLA profitiert logischerweise von der grossen Werbeplattform und kann dort einiges an Ausgaben kompensieren. Aber ehrlich gesagt, würde dem Schweizer System eine grössere Transparenz gut tun. Gute Schweizer Spieler erhalten heute so hohe Löhne, dass anscheinend bereits gleich starke Söldner günstiger zu finden sind. Das ist nur möglich, weil in der Schweiz eine Preistreiberei stattfindet. Bereits vor ein paar Jahren kam mir zu Ohren, wie ein Vereinsfunktionär meinte, wir bieten um diesen Spieler einfach mit, damit sich der Preis erhöht. Das andere Team, welches den besagten Spieler unbedingt verpflichten wollte, habe dies kürzlich bei einem anderen Spieler auch gemacht. Der Verein und dessen Funktionär hatten keine Interesse an einer Verpflichtung, sondern nur daran, dass der andere Verein möglichst tief in die Taschen greifen muss. Und solange wandelnde Geldbeutel wie Gaydoul oder Mantegazza existieren, werden beinahe alle Preise bezahlt. Lohntransparenz ist in der Schweiz ein Unding. Dabei würde es dem System gut tun. Denn ausser dem SCB und vielleicht noch den ZSC Lions sowie dem HC Lausanne ist in der Schweiz kaum ein Verein fähig ein Budget von über 15 Millionen Schweizer Franken ohne Mäzen im Rücken zu stemmen. Der SCB hat ein einmaliges System aufgestellt, die ZSC Lions könnten da mithalten, wenn sie in ihrem Stadion über sämtliche Einnahmen verfügen könnten. Und in Lausanne ist die Hockeybegeisterung sowie das wirtschaftliche Potential gross. Es wurde stets behauptet, dass wenn in Lausanne der sportliche Erfolg vorhanden sei, eine miese Führung am Werk sei und umgekehrt. Momentan scheint aber endlich beides zu passen. Alle anderen Vereine können solche Budgets nicht annähernd ohne Mäzen, ohne Spezialturnier oder überaus grosszügigen Verwaltungsräten im Rücken stemmen. Visp, La Chaux-de-Fonds, Olten, Langnau, Langenthal, Hockey Thurgau und Red Ice haben keinen Mäzen im Rücken. Im Thurgau hat es ein paar potente Verwaltungsräte, in Langenthal ausgabenfreudige Sponsoren, was im Vergleich zur NLA aber äusserst bescheiden erscheint. Langnau, Olten, Visp und Langenthal orientieren sich um ein Budget von fünf Millionen. Olten, Langnau, Visp und eventuell La Chaux-de-Fonds können wohl zwischen sechs und acht Millionen stemmen - ohne Mäzen, ohne auf einen einzigen Verwaltungsrat zählen zu müssen, ohne Spezialturnier, ohne Bettelaktionen bei den Fans.

Realismus contra Arroganz
Die NLB-Vereine haben mehrfach einen Konkurrenten zu Grabe tragen müssen. Dadurch wurden die B-Vereine anscheinend realistischer in ihrem Handeln. Gleichzeitig plagen manche NLA-Vereine noch immer irrwitzige Phantasien. Unlängst wurde behauptet, dass einige A-Vereine sich durchaus vorstellen könnten ein Farmteam zu führen, beziehungsweise einen willigen Erstligisten mit Spielermaterial in der NLB auszuhelfen. Da stellt sich die Frage, ob bei diesen Vereinen Kinder am Werk sind, die noch an den Osterhasen glauben. Die ZSC Lions sind die einzige Organisation, die seit Jahren "erfolgreich" ein Farmteam führen. Der Spass kostet rund eine Million Schweizer Franken im Jahr. Walter Frey findet das System gut, daher steckt er das Geld auch gerne in das Goldküstenteam. So löblich wie Walter Frey würde sich kein NLA-Verein oder dessen Vertreter verhalten. Partnerschaften wurden in der Vergangenheit oft mit den Füssen getreten. Der EHC Olten hatte dereinst genug von solchen Spielchen, als Spielermaterial aus Fribourg versprochen wurde, aber nur selten dem EHCO zur Verfügung stand. Das traurigste Kapitel in dieser Beziehung schrieben der SCB, Ambri und Fribourg zusammen. Als die Young Sprinters aus Neuenburg 2007 in die NLB aufstiegen, sahen die drei genannten A-Vereine in den Neuenburgern einen idealen Park- und Ausbildungsplatz für aktuell überschüssiges Spielermaterial. Der SCB alimentierte die Young Sprinters zuerst auch. Nach zwei Saisons liess man die Neuenburger wie eine heisse Kartoffel fallen, die anderen Vereine zeigten sich nicht weniger arrogant - der Verein ging bekanntlich bankrott. Anhand der oben aufgelisteten Zahlen sollte ausserdem jedem einleuchten, dass ausser vielleicht dem SCB kein Verein ein Farmteam finanziell stemmen kann. Kommt hinzu, dass ein Farmteam beinahe komplett unrentabel ist, da für einen solchen Spass in der Schweiz nur schwer Sponsoren gefunden werden können und die Zuschauer weg bleiben (ist bei den GCK Lions so, war bei den Young Sprinters so). Es wiederspiegelt aber wunderschön die Arroganz und Selbstherrlichkeit der NLA. Die ist zwar nicht neu, denn vor Jahren meinte ein NLA-Verwaltungsrat, dass eine geschlossene NLA das beste wäre, damit ein Verein auch einmal in aller Ruhe einen Neustart wagen könnte - das war notabene ein Wirtschaftsfachmann und der wollte den Wettbewerb verhindern und somit ein Monopol errichten. Wenn das nicht weltfremd ist. Wer den Vergleich mit Amerika heranziehen soll, dem sei gesagt, dass dies wiederum kulturfremd und somit ein anderes Thema ist.

Das Ende der NLB?
So hart es klingen mag, aber der NLA fehlt ein selbstheilender Super-Gau. Es würde der Liga gut tun, würde plötzlich einer der ihren Konkurs anmelden. Nur damit es klar ist: das wünsche ich mir nicht und das wünsche ich keinem Verein. Aber anhand der Aussagen und dem Gebaren der Vereine erscheint nur über diesen Weg eine selbstheilende Wirkung zu erzielen zu sein und nur so besteht die Möglichkeit sich vielleicht auf die Idee von zwei starken Zehnerligen zurück zu besinnen. Nur bei einem Super-Gau beginnen sich auch die A-Vereine wieder zu hinterfragen, nur dann stellen plötzlich auch sie das System in Frage. Denn klar, im Moment gibt es aus ihrer Sicht nichts zu ändern. Es klappt alles prima. Die Frage ist nur, wie gut klappt es, wenn es beispielsweise keine NLB mehr gibt? Die A-Vereine kennen die zweite Liga zu wenig und darum messen sie ihr auch keine Bedeutung zu, sondern nennen sie lieber "Pleiteliga" (Lausanne und Biel wurden mit diesem Virus kurz nach dem Aufstieg angesteckt). Dabei wäre diese Liga mit entsprechender Durchlässigkeit und in beiden Ligen realistischen Budgets kein selbstprophezeiter Selbstmord für einen Absteiger. Die Wirtschaftlichkeit ist in der NLB nämlich durchaus vorhanden, die sportliche Herausforderung ebenfalls - wenn die Knebelverträge nicht einfach nur für die A-Vereine ausgelegt würden, sondern auch die NLB davon profitieren könnte. Es erscheint rational, von einem anscheinend erfolgreichen Produkt nicht abweichen zu wollen. Es ist aber engstirnig, sich nicht mit der Zukunft auseinander zu setzen. Denn die NLA kann nur dank einer guten NLB so stark sein. Diese Einsicht fehlt. Und diese Arroganz kann leider nur mit dem angesprochenen Super-Gau gebrochen werden. Dies wird wohl kaum geschehen. Die NLB wird verkümmern, wer Glück hat, erwischt noch den Lift nach oben und langfristig wird das Niveau im Schweizer Hockey sinken. Schwarzmalerei? Ich behaupte: Realismus, wie ihn ein NLB-Kind besitzt.

Donnerstag, 16. Oktober 2014

Die NLB am Ende?



1999, 2008 und nun 2014? Erhält das Buch der Rückzüge des HC Martigny beziehungsweise des HC Red Ice ein neues Kapitel? Die Berner Zeitung bringt wieder einen Stein ins Rollen, der bereits seit der Sommerpause rollt. Nur war die Aufmerksamkeit dem Konkurs der Basler Sharks wegen nicht vorhanden. Dem HC Red Ice Martigny-Verbier-Entremont, wie der Unterwalliser Verein ausgeschrieben heisst, sollen nämlich die russischen Investoren abspringen. Bereits im Sommer war zu hören, dass weniger Geld in den Hockeyverein gesteckt werden soll. Diverse NLB-Topspieler (Mikhailov, Girardin, Sutter, Shastin, Grezet) liessen die Unterwalliser ziehen. Dank insgesamt fünf (!) B-Lizenzen konnte immerhin auf dem Papier gleichwohl eine konkurrenzfähige Mannschaft zusammengestellt werden. Der Schein trügt damit. Denn fünf Spieler mit B-Lizenzen sind bei einem Kader von neun Verteidigern und 14 Stürmern ziemlich viel. Insbesondere wenn zwei der B-lizenzierten (Borlat und Wick) wichtige Rollen einnehmen (beide in der 1. Linie, Einsätze in den Special Teams). Ob das sportlich langfristig gut gehen kann, ist daher völlig offen. Soll der Geldhahn tatsächlich komplett zugedreht werden, dann heisst es möglicherweise einmal mehr für einen NLB-Verein: Gute Nacht. Dabei behaupteten die seriösen Investoren bei ihrem Einstieg im Jahre 2010 langfristige Pläne zu verfolgen. Die NLA als Ziel, ja warum nicht sogar in die KHL, wie noch anfangs dieses Jahres fantasiert wurde. Jetzt soll dem doch wieder anders sein. Die russischen Investoren besitzen 70 Prozent der Aktien, vom Budget würden sie allerdings nur das Defizit abdecken, welches Ende Jahr entstehe und nicht durch Sponsoringbeiträge gedeckt werden könne. Im Frühling wurde der bisherige Geschäftsführer Andrei Nazheskin, ein Russe, durch Anders Olson, ein Schwede, ersetzt. Alles ein Schritt in Richtung Professionalisierung hiess es seitens der russischen Investoren. Trotz den Gerüchten über einen Rückzug der Russen blieb es also bisher ruhig - bis zum heutigen Artikel der Berner Zeitung. Der allerdings wie erwähnt keine Neuigkeiten im Vergleich zum Sommer hervorbringt. Der Zeitpunkt ist wohl einfach besser gewählt, als damals bei Sharks-Chaos. Und mit Aussagen von Ueli Schwarz wie "mit lediglich 8 Teams hätten wir Alarmstufe Dunkelrot erreicht" werden die Gerüchte natürlich auch nicht entschärft.

Eine andere Meldung
Gleichzeitig geht eine andere Meldung beinahe unter. Nämlich die, dass der HC Ajoie vergangenen Saison einen Verlust in der Höhe von 41'700 Franken zu verzeichnen hatte und sein Budget von 3,5 Millionen auf 2,84 Millionen senken musste. Der Verlust resultierte wegen dem Verpassen der Playoffs. Und er wäre weit höher ausgefallen, hätten die Spieler nicht selber bluten müssen - der Vertrag sah anscheinend eine Kürzung des Lohnes beim Verpassen der Playoffs vor. Trotzdem: sollten die Jurassier die Playoffs noch einmal verpassen, wäre es gar nicht auszudenken was das für Folgen haben können. Bereits so haben die Ajoulots nur noch ein Budget im hinteren Mittelfeld der NLB. Und das wird vorerst vermutlich auch so bleiben. Sich um Red Ice zu sorgen ist anhand der obigen Ausführungen daher ein wenig übertrieben. Die Anzeichen über einen Rückzug der Investoren verstärken sich nicht. Das Auseinanderfallen der NLB hingegen wird mit solchen Meldungen gleichwohl zusätzlich genährt. Zumindest Lösungsansätze ins Auge zu fassen, scheint daher unweigerlich ein Muss zu sein.

Zweiklassengesellschaft
Das Problem beziehungsweise der Fluch der zweithöchsten Liga des Schweizer Eishockeys wurde bereits nach dem Konkurs der Basler Sharks angesprochen. Bereits waren die ersten Personen (Jean-Marie Viaccoz) mit Ideen wie einer "Super-1.-Liga" zur Stelle. Die Liga selbst stärkte der NLB an der Vorsaisonkonferenz den Rücken. Ligapräsident Marc Furrer möchte ein Derby Langenthal-Olten nicht missen. Es zeigt sich aber länger wie mehr, dass die NLB zu einer Zweiklassengesellschaft verkommt. Gleichzeitig befindet sich die NLB zwischen Stuhl und Bank. Während seit Jahren moniert wird, dass ein Aufstieg in die NLA für NLB-Teams kaum möglich sei und ausserdem in einem finanziellen Abenteuer verbunden sein, beklagen die 1.-Liga-Vereine dasselbe, wenn sie in die NLB aufsteigen möchten. Keine Vereine von unten, und in der eigenen Liga sterben die Verein weg. Das ist wahrlich keine rosige Zukunft. Was die Zweiklassengesellschaft anbelangt: Olten, Langnau, Langenthal, Visp und eventuell noch La Chaux-de-Fonds stehen finanziell gesund da. Olten, Langnau und Visp haben regelmässig höhere Zuschauerzahlen zu präsentieren, die in manchen Runden sogar die von einigen NLA-Vereinen übertreffen (weit über 3000). Gerade einmal Langnau und neu Olten haben längerfristig ein NL-taugliches Stadion. Die Voyeboeuf in der Ajoie gleicht an manchen Stellen einer Wellblechhütte, das Forum in Martigny scheint ähnlich alt zu sein wie die römischen Ausgrabungen gleich nebenan und die Kunsteisbahn in Küsnacht ist nicht mehr als eine Trainingshalle.

Hochnäsigkeit
Der Plan von zwei 12-er Ligen ist anhand der heute vorhandenen Fakten unrealistischer denn je. Es fehlt schlichtweg das wirtschaftliche Potential dazu. Zwei Zehnerligen wie im Fussball wäre die perfekte Lösung, die leider hauptsächlich an den Ängsten der NLA-Vereine scheitert. Denn dafür müssten zwei NLA-Vertreter in die noch immer unbeliebte NLB absteigen. In die designierte Pleiteliga. Und dies obwohl Vereine wie Ambri regelmässig mit den Finanzen zu kämpfen haben. Ganz abgesehen von den fehlenden NL-tauglichen Stadion insbesondere in Genf und wiederum in Ambri. Es ist nur zu hoffen, dass die Hochnäsigkeit für gewisse NLA-Vereine nicht zum Boomerang wird - in ein paar Jahren könnten nämlich plötzlich nicht mehr NLB-Vereine, sondern NLA-Vereine wegen Finanz- und Stadionproblemen in den Schlagzeilen stehen. Das scheint aber weit weg zu sein. Das zeigt sich auch darin, dass die Langnauer trotz mässigem sportlichem Erfolg in der zweithöchsten Liga teilweise noch immer hochnäsig über die NLB reden. Das ist Zeugnis von der manifestierten, negativen Meinung über die NLB (zumindest in den Vereinsführungen). Das wird kaum zu ändern sein. Wenn die perfekte Lösung nicht möglich ist, gebe es noch die Variante einer geschlossenen NLA. Oder einem Konstrukt mit Farmteams in der NLB. Langnau, Langenthal, Visp, Olten und wohl auch La Chaux-de-Fonds werden da ganz sicher nicht mitmachen wollen. So würde nämlich die eigene Identität aufgegeben, die Fans würden zwangsläufig Abstand von den Vereinen nehmen. Die amerikanische Hockeykultur kann nicht einfach auf die schweizerische adaptiert werden. Die GCK Lions haben nicht nur wegen dem fehlenden Einzugsgebiet selten mehr als 200 Zuschauerinnen und Zuschauer. Immerhin füllten die Küsnachter früher ihre Halle regelmässig.

Sturm nach vorne
Zurück zur Aktualität: Die äusserst tiefen Zuschauerzahlen in Martigny (knapp über 600) könnten ein weiteres Indiz sein, dass sich die Investoren zurückziehen möchten. Vielleicht liegt es auch darin, dass ein Stadionneubau nicht voranschreitet. Der Grund sind sicher auch die Animositäten im Wallis, sich für Fusionen auszusprechen und somit die Kräfte zu bündeln. Im 2012 entstand die Idee Red Ice und Sierre zusammen zu führen. Unter anderem wegen heftiger Gegenwehr aus Sierre wurde davon abgelassen. In der Schweizer Hockeykultur funktionieren solche Spiele nun mal nicht - so wenig wie eine Farmteamliga. Egal wie kleinkarriert das ist, aber Kulturen sind nicht von heute auf morgen zu ändern (als Mini-Exkurs sei erwähnt, dass Red Bull dies mit dem Fussballclub Austria Salzburg versuchte. Neben Red Bull Salzburg existiert heute die Austria Salzburg ebenfalls (wieder): http://www.11freunde.de/video/das-fussballmaerchen-von-salzburg). Sierre ging ein Jahr später Konkurs und versucht seither in der 2. Liga einen Neuanfang. Die Zuschauerzahlen sind teilweise höher als vorher in der NLB (1719 gegen HC 3 Chêne). Selbst die Basler, die sich im 1. Ligisten EHC Basel Kleinhünigen wieder gefunden haben, haben mit 983 Zuschauern zuletzt gegen den EHC Burgdorf kaum weniger Zuschauer als in der NLB. Das Hockey ist in der Schweiz nicht auf verlorenem Posten. Nur denkt man zu gross. Zwei Zehnerligen im Profi- beziehungsweise Halbprofibereich sind das Maximum. Wird dies nicht angestrebt, kann es für Vereine wie Langnau, Olten, Langenthal oder Visp eigentlich nur eines geben: den Sturm nach vorne in die NLA - oder langfristig in einer NLB mit ungewisser Zukunft versauern. Denn geht die NLB unter, dann werden dies mit ihr auch die bis heute erfolgreichen NLB-Vereine tun. Eine automatische Integrierung in die NLA ist ein Wunschdenken.

Die aktuellen Artikel zu Red Ice:
http://www.bernerzeitung.ch/sport/hockey/Die-NLB--eine-tickende-Zeitbombe/story/18295995
http://www.bernerzeitung.ch/sport/hockey/Ich-mache-mir-Sorgen/story/26012214

Eine weiterer interessanter Artikel zu Red Ice:
http://www.nzz.ch/aktuell/sport/eishockey/russen-statt-roemer-1.17800407

Montag, 23. Juni 2014

Nicht nur des FCB, sondern auch der Identität wegen - das Ende der Sharks und die Auswirkungen für die NLB

Als Sport-, Eishockey und NLB-Begeisterter war die Nachricht heute Morgen ein Schock. Von der einen auf der anderen Sekunde war ich hellwach und fühlte mich in einem Albtraum. Die Realität hatte mich schnell wieder. Es ist schliesslich grundsätzlich nicht überraschend, dass die EHC Basel Sharks ihren Rückzug aus der NLB bekannt gaben. Einzig der Zeitpunkt war unvorhersehbar. Es ist auch klar: jetzt kommen alle Möchtegern-Experten aus ihren Löchern gekrochen, die superschlauen Chronisten (oder zumindest einer) lassen ihre Kommentare los und wissen was alles schief gelaufen ist. Als einer der zumindest behaupten darf, die NLB-Szenerie ein wenig zu kennen, sieht aber Probleme, die das tragische Scheitern des Basler Eishockey erklären und das gesamte NL-Hockey verändern könnten.

Die Sharks, wie sie seit 2009 heissen, haben seit Jahren und seit ihren glorreichen Zeiten in den 40-er und 50-er Jahren Probleme, das Spitzenhockey in der Region Basel (wieder) zu verankern versucht. Die Hauptschuld wird dem FCB in die Schuhe geschoben, dass dies nicht funktionierte. Die Leute seien nur Fussball-, aber nicht Hockeyinteressiert. Die Argumentation greift zu kurz. Auch der FCB hatte kurz vor der Jahrtausendwende ums (sportliche) Überleben zu kämpfen. Um die Jahrtausendwende begann allerdings der Aufbau, der in der heutigen Dominanz gipfelt. Das Eishockey konnte da nicht nachziehen, beziehungsweise war damals ebenfalls in einer (dauerhaften) Schaffenskrise. Der Fussball war schneller, konnte diese Lücke schliessen. Ausserdem versuchte sich das Eishockey immer wieder neu zu erfinden, was zu einer Identintätskrise führte und ein Mitgrund für den Untergang des Basler Eishockeys ist. Vor ein paar Wochen sprach ich noch mit einem ehemaligen Präsidenten des EHC Kleinhünigen über das Eishockey. Damals als Ende der 80-er Jahre der EHC Basel bankrott war und nur dank Donatoren gerettet werden konnte. Damals als der EHC Basel die Nähe zum EHC Kleinhünigen suchte. Der besagte ehemalige Präsident war ein Befürworter einer Fusion von Kleinhünigen und Basel. Er sah, dass zwei Vereine nebeneinander nicht bestehen können, bzw. nur mit einem gemeinsamen Weg, auch der sportliche Erfolg zurückkehren kann. Das war allerdings nicht zur Freude aller Anhänger von Kleinhünigen. Der Verein hiess zwar "EHC Basel Kleinhünigen Dragons", doch war schnell klar, dass das "grosse" Basel dem Anhängsel Kleinhünigen nicht wirklich Beachtung schenken wollte. Die Kleinhünigen-Anhänger befürchteten dies und deshalb habe dieser ehemalige Präsident einige negative Feedbacks erhalten - anscheinend bis heute. Durch das arrogante Verhalten ging ein Teil der Fangemeinschaft verloren. Als im Jahre 2000 die Basler in die NLB zurückkehrten, hatten sie noch einen vergleichsweise grossen, harten Kern. Ich mag mich gut erinnern, wie die Basler regelmässig für Stimmung im Kleinholz in Olten gesorgt haben. Es ging aufwärts, bis in die NLA - die Zuschauerzahlen waren nicht berauschend, aber akzeptabel. Dann im 2009, nach dem letzten NLA-Abstieg, wieder ein Neuanfang und damit das Einläuten des definitiven Ende. Von nun an sollen die Basler "Sharks" heissen. Kleinhünigen ist längst vergessen, die letzte Identifikation wird jetzt auch noch aufgegeben. Der harte Kern wendet sich ab, die Stimmung im Stadion gleicht Beerdigungen, die letzten Mohikaner versuchen zwar alles, Begeisterung und Identifikation sieht aber anders aus.

Überheblichkeit und Ignoranz
Nicht nur die Identifikation fehlt fortan, auch eine realistische Strategie. Zuerst "futterte" man CEO Beat Kaufmann weiterhin durch, hinterfragte die administrativen Strukturen zu wenig. Schliesslich war der letzte Verwaltungsratspräsident der Basler auch schlichtweg zu unerfahren. Aber gerade er gehört ebenfalls zu den Totengräbern, auch wenn er die Schuld hauptsächlich allen anderen gibt. Klar, die Unterstützung fehlte, er hat sein ganzes Herzblut in den Verein gesteckt, das kann seine Fehler nicht kaschieren. Ich habe keinen Einblick in den Arbeitsalltag, keinen Einblick in die Bücher der Sharks, aber die Kommunikation einer Person nach aussen, verrät doch einiges über ihr Denken und Verhalten. Vor zwei Jahren wurde grossklotzig bekannt gegeben, dass die Sharks endlich einen Schritt nach vorne machen müssen und die Halbfinals zu erreichen hätten. Und dies obwohl seit insgesamt 12 Playoff-Partien kein einziger Sieg mehr gelungen ist. Das sollte mit der komischen Taktik realisiert werden, eine Juniorenlinie ins Team einzubauen und gleichzeitig ganz vorne in der NLB mitspielen zu wollen. Beides geht nicht, entweder oder, aber das wollte Verwaltungsratspräsident Matthias Preiswerk nicht einsehen. Es folgte der blanke Horror - sportlich und kommunikativ. Matthias Preiswerk war dermassen persönlich beleidigt ob dem sportlichen Abschneiden, dass er noch vor dem definitiven Scheitern um einen Playoffplatz, entschied, das Sonntagsgeschirr zu verscherbeln. Dies weil die Mannschaft enttäuscht habe und so die Playoff-Qualifikation ohnehin nicht verdient hätte. So könne das Defizit in Grenzen gehalten werden. Ein freiwilliger Verzicht auf die Playoffs also. Was finanziell sinnvoll gewesen sein mag, war imagetechnisch und kommunikativ verheerend. Wie sollte so der Goodwill bei den Fans gesteigert werden? Die Zielausgabe wurde auf letzte Saison hin nach unten korrigiert, mit der Androhung, dass noch einmal eine solche Horror-Saison nicht passieren dürfe, sonst müsse man sich das Projekt Basel Sharks ernsthaft überdenken. Es wurde eine durchzogene Saison. Es resultierte ein Sieg in den Playoffs. Es war ein Treten an Ort und Stelle. Die Verwaltungsräte mussten weiterhin Geld einschiessen. Der letzte Rettungsanker wäre gewesen, die Eishalle übernehmen zu können bzw. selber bewirtschaften zu können. Dies scheiterte laut Preiswerk aber anscheinend auf politischer Ebene. Zumindest die Stadt Basel war nicht bereit, dass die Sharks selber über die Nutzung der Eishalle bestimmen können. Es ist aber klar, dass es für einen Hockeyverein heutzutage unabdingbar ist, sich über Catering etc. finanzieren zu müssen, um überleben zu können. Ohne diesen letzten Rettungsanker sah sich der Verwaltungsrat gezwungen, das Schiff sinken zu lassen. Der letzte Zahn des Hais war gezogen. Ob mit der Übernahme der Bewirtschaftung der Eishalle, wirklich alles rosiger gewesen wäre, darf bezweifelt werden. Möglicherweise wäre der kranke Patient einfach länger im Koma gehalten worden.

Die Folgen fürs Eishockey und die NLB
Morges, Chur, Martigny, Neuenburg, Sierre und jetzt Basel. Das sind die sechs Vereine, die seit 2007 bankrott anmeldeten oder sich aus finanziellen Gründen aus der NLB zurückzogen. Das ist vergleichsweise viel, für eine Liga, die sportlich enorme Fortschritte gemacht hat. Da negative Meldungen höher gewichtet werden, als positive, wird die NLB daher das Image der Pleiten- und Witzliga nicht los. Obwohl jede und jeder, der ein paar Spiele in der NLB angeschaut hat weiss, dass das sportliche Niveau erstaunlich hoch ist. Das administrative hingegen krankt. Dank Teleclub ist die mediale Präsenz ein wenig gestiegen, der Schweizer Cup wird da ebenfalls mithelfen. Trotzdem ist die Lukrativität für Sponsoren in der NLB weiterhin gering. Kommt hinzu, dass die Basler wie diverse andere Vereine in der Vergangenheiten glaubten, dass mit Investitionen in die Mannschaft und dem allfälligen Erfolg, das Geld von allein fliesst, die Zuschauer in Scharen kommen würden. Sport ist nicht planbar, daher ist es tödlich, mehr auszugeben, als vorhanden ist. Das habe ich bereits als junge Nichtsnutz in meiner halbwissenschaftlichen Maturaarbeit 2007 festgestellt: überhöhte Investitionen und Topspieler garantieren keinen Zuschauerzuspruch oder sportlichen Erfolg. Leider gibt es immer wieder Vereinsverantwortliche, die von der Quadratur des Kreises überzeugt sind. Neun NLB-Teams, das ist sehr wenig. Zwei Zehnerligen wären sinnvoll. Zwei durchlässige Zehnerligen. Dagegen werden sich die NLA-Vereine allerdings sträuben. Die Wahrscheinlichkeit einer geschlossenen Liga ist grösser, auch wenn sportlich betrachtet problematisch und nicht unbedingt erfolgsversprechender (die Beispiele Finnland und Deutschland haben dies unlängst gezeigt).

Wer die NLB betrachtet und mit ihr die Entwicklung der letzten Jahre, wäre nicht überrascht, wenn die Basler nicht der letzte Verein wären, der sich aus der NLB unfreiwillig verabschieden würde. In Thurgau versucht man zwar etwas solides aufzubauen, mit gesunden Finanzen. Profitabel ist das Hockey aber nicht. Unlängst wurde moniert, dass mit diesen Zuschauerzahlen die Heimspiele Kosten, anstatt Gewinne verursachen. Ob das langfristig funktionieren kann ist fraglich. Ausserdem ist man auf den Goodwill der Investoren angewiesen. Bei Red Ice kündeten die russischen Investoren an, nicht mehr so viel Geld in den Verein investieren zu wollen. Die besten Spieler haben Martigny bereits verlassen. Es würde nicht überraschen, wenn die Unterwalliser in absehbarer Zeit einmal mehr in die Amateurligen verschwinden würden. Der HC Ajoie hält sich zwar wacker in der NLB, aber anscheinend profitieren sie vor allem vom Geld aus der Tabakindustrie. Die wirtschaftlichen Möglichkeiten ganz hinten im Jura sind beschränkt, sollte dieses Geld einmal nicht mehr fliessen. Trotzdem: der HC Ajoie verhält sich unauffällig und spielt mit den vorhandenen Mitteln seit Jahren erstaunlich erfolgreich in der NLB mit. Die GCK Lions im Weiteren spielen in Anbetracht über Sein- und Nichtsein der NLB keine Rolle. Sie sind von den ZSC Lions quersubventioniert, haben ausserdem keine sportlichen Ambitionen und sind somit kein Pfeiler der NLB. Sportlich betrachtet gibt es daher zur Zeit fünf Mannschaften die, die NLB tragen. Wobei auch beim HC La Chaux-de-Fonds die finanzielle Situation nicht ganz klar ist. Auch die Neuenburger hatten bereits zu kämpfen. Im Moment scheinen sie aber gesund zu sein. Dasselbe gilt für Langenthal. Zwar gab es zuletzt stets Defizite, doch man scheint auf gutem Wege zu sein, diese strukturellen Probleme zu beheben. Auch dank grosszügigen Göttis. Der Vorteil: man ist nicht nur auf einen einzigen angewiesen. Langnau könnte mit dem vorhandenen Finanzpotential noch immer in der NLA mitspielen. Die Probleme liegen dort eher im amdinistrativen Bereich. Visp schreibt seit ein paar Jahren schwarze Zahlen, kommt noch ein neues Stadion, werden die Visper (auch ohne Namensänderung) zu so etwas wie dem EHC Wallis. Hier wissen die Investoren, in was sie ihr Geld stecken. Und zu guter letzt noch Olten, das seit seinem Beinahkollaps im 2004 auf einer soliden Basis einen erfolgreichen NLB-Verein aufgebaut hat, mit einem wirtschaftlich pontenten Umfeld (auch wenn die Stadt selbst finanziell marode ist).

Bereits nach den Konkursen der anderen NLB-Vereine seit 2007 befürchteten einige, eine Veränderung der NLB. Bis heute ist wenig passiert. Im Gegenteil, sportlich attraktiver, das Ansehen ist eher noch höher. Die Finanzprobleme von Vereinen im regelmässigen Abstand, helfen allerdings nicht, das Image zu verbessern. Ausserdem gehen der Nationalliga langsam die Verein aus. Vor Jahre träumten ein paar Verblendete noch von einer 16-er NLB. Heute darf man froh sein, wenn die NLB in dieser Form noch eine Daseinsberechtigung hat. Für einen gesunden Sport müsste sie. Aber wie bereits erwähnt nur mit zwei 10-er Ligen. Denn für mehr ist das Potential in der Schweiz einfach nicht vorhanden. Dass dies auch die Mehrheit der Nationalliga so sieht, scheint im Moment unwahrscheinlich. Viel mehr sehen sie sich wohl im Konkurs der Sharks bestätigt, dass nur eine geschlossene NLA das Hockey gesund halten könne. Ohne dabei auf die genauen Gründe des Scheiterns des Baslers Eishockeys einzugehen.