Und es dreht sich doch alles im Kreise. Mit diesem lapidaren Satz sei das Fazit dieses Textes vorweggenommen. Denn die Nachricht, welche uns vergangene Woche erreicht hat und bei welcher es im Kern um die Reform der NLB geht, kann für die NLB-Vereine eigentlich nur eine Quintessenz haben. Dazu aber am Schluss der Ausführungen.
Schon wieder ein "Leuchtturm"
Trotz
mehr oder weniger gesunden Finanzen dank grosszügigen Investoren, einem
ansehnlichen Budget und einer einwandfreien Infrastruktur sind die
Rapperswil-Jona Lakers in der NLA ein notorischer Verliererverein. Der Traum
vom einstigen Rapperswil-Macher und Mäzen Bruno Hug, dass Rapperswil dereinst
um den Meistertitel spielen würde, ist in weiter Ferne. Wie vergangene Woche nun
bekannt wurde, sollen jetzt ebendiese Lakers die Idee verfolgen, ein Farmteam
in der NLB zu installieren. Der ideale Partner sei im SC Herisau gefunden
worden. Herisau, einst selbst ein glorreiches NLA- und NLB-Team, spielt
unterdessen in der 2. Liga. Gleichwohl soll es mit einem juristischen Konstrukt
möglich sein, die Herisauer (ohne das aktuelle 2. Liga-Team aufzulösen) auf
nächste Saison in der NLB zu platzieren. In diesem „neuen“ SC Herisau sollen die
besten Junioren der Ostschweiz zusammengefasst werden. Also nicht nur
Rapperswiler Junioren, sondern alle Talente aus dem Osten, sowie die vom HC
Davos, wie es anscheinend die Wunschvorstellung der Rapperswiler ist. Ein neuer
"Leuchtturm" im Osten des Schweizer Eishockeys soll entstehen. Eine
Bezeichnung, die eigentlich bereits Hockey Thurgau für sich beansprucht. Die
Begeisterung dürfte sich beim NLB-Verein Hockey Thurgau logischerweise in Grenzen halten.
Zumal die Thurgauer mit seriöser Arbeit die Ostschweizer Hockeyszene erst
wieder so richtig am beleben sind.
Finanziert
würde die ganze Lakers-Idee neben Sponsoring- und Zuschauereinnahmen von den
Lakers und von einer eigens zur Unterstützung des „neuen“ SC Herisau
geschaffenen Gmbh. Im Schnitt rechnet das Konstrukt mit 1000 ZuschauerInnen pro
Spiel. Die Zuschauerzahl wäre aber nur der Gipfel aller Utopie und
Ahnungslosigkeit der Materie, welche die Lakers-Strategen an den Tag legen
würden.
Ohne Identität keine Unterstützung
Herisau
ist eine Gemeinde von etwas mehr als 15'000 Einwohnerinnen und Einwohnern und
zusammen mit Trogen Hauptort des Kanton Appenzell Ausserrhoden. Herisau ist
unter anderem Nachbargemeinde von St. Gallen. Das Einzugsgebiet ist daher
bescheiden, da Herisau viel eher ins Einzugsgebiet von St. Gallen gehört als
umgekehrt. Und in St. Gallen ist Fussball Trumpf. Ausserdem waren die
Zuschauerzahlen bei den Herisauern zuletzt rückläufig. Bereits bei ihrem
letzten Gastspiel in der NLB kamen am Schluss selten mehr als 2000 Zuschauerinnen
und Zuschauer zu den Heimspielen. Ausserdem kämpften die Herisauer auch letzte
Saison wieder mit finanziellen Problemen. Von einer Verankerung oder gar einer
Hockeybegeisterung ist man schon nur aus dieser Perspektive her weit entfernt.
Käme
hinzu, dass diesem SC Herisau – auch wenn aus dem „Original“ geboren – die
Identität fehlen würde. Das Team wäre aus den besten Junioren der Region
zusammengewürfelt, sobald bei den Lakers Bedarf besteht oder ein für sie
lukrativer Transfer zu entstehen scheint, sind die Spieler schneller weg, als
sie gekommen sind. Kompetitiv hätte dieses Konstrukt keine Ansprüche, da es ja
in der NLB bleiben soll. Dank der Reformunwilligkeit der NLA wird es auch
vorderhand keine NLB-Absteiger geben. Nur wer interessiert sich für ein solches
Retortenteam? Wem die Antwort „GCK Lions“ nicht genügt, der sollte sich rasch
mit dem Schweizer Eishockey auseinandersetzen. Denn wie sagte der heutige
Geschäftsführer der GCK Lions, Simon Schenk, bereits 2005 im Hockeyfachmagazin
"Top Hockey" über seine GCK Lions: "Ohne Identität hat man auch
keine Unterstützung."
Eine "neue" Welle
Mit
den Gelüsten nach einem Farmteam sind die Lakers aber nicht alleine. Ambri
schielte bereits nach Biasca, Genf und Lausanne möchten (wieder einmal) Morges
in der NLB platzieren, Fribourg zeigt sich an einer intensiven
Partnerschaft interessiert mit einem NLB-Team interessiert und auch der SCB lebt zumindest im Geheimen wieder
solche Phantasien aus. Ob Biasca wirklich eine sinnvolle Investition wäre, ist
mehr als fraglich, finden sich doch bereits heute kaum mehr als 300
Zuschauerinnen und Zuschauer pro Spiel in der Pista Ghiaccio Biasca wieder.
Morges war nach seinem letzten NLB-Gastspiel nach kurzer Zeit wieder bankrott,
mehr als 1000 Zuschauerinnen und Zuschauer verirrten sich dabei selten in die
Patinoire des Eaux Minérales. Witziges Detail am Rande: bereits damals bestand
zumindest in groben Zügen eine Partnerschaft zwischen Lausanne und Morges. Und Fribourg hatte bereits nach der Jahrtausendwende zuerst eine enge Partnerschaft mit Olten, als dies nicht mehr stimmte, ging man eine solche mit La Chaux-de-Fonds ein, welche unterdessen längst wieder beendet ist.
Es
ist daher Tatsache, dass bis heute einzig das Konstrukt ZSC/GCK langfristig
erhalten blieb. Es ist ja beinahe erbärmlich, wie Bern, Fribourg und Ambri beim
letzten Versuch ein neues NLB-Farmteam zu installieren, die Young Sprinters
ohne zurück zu blicken fallen liessen. Ein Farmteam ist teuer, aber nicht
rentabel. Das würden die Lakers nach einem Jahr ebenfalls merken. Dass sie aber
nicht allzu weit denken, bewies der ehemalige Geschäftsführer Reto Klaus bereits
2005 mit seinem vehementen Einsatz für eine geschlossene NLA. "Die
wirtschaftliche Planbarkeit würde die sinnlose Geldvernichtung im Auf- und
Abstiegskampf verhindern", so Klaus damals in der NZZ. Eine geschlossene
Werkstatt für notorisch unfähige Vereine - solche Quasimonopolideen versucht
man in der Wirtschaft nicht umsonst zu verhindern. Während Klaus damals noch
ein wenig Rückendeckung erhielt, gehörte er 2010 bereits wieder zu den Gegnern,
als Langnau dasselbe vorschlug. Er beschimpfte die Tigers sogar als
"Nostalgiker-Gruppe". Das unterstreicht seine Kompetenz und es ist
daher nicht verwunderlich, dass er unlängst aus seinem Amt geschasst wurde. Die
Denkfehler haben aber offensichtlich in der Organisation Bestand, einfach von
anderen Personen eingebracht.
Nichts aus der Geschichte gelernt
Allgemein
bleibt für die Partnerteamgedanken der NLA-Teams manchem, der ein wenig in den
Geschichtsbüchern wühlt, nur ein müdes Lächeln übrig. Im 2005 widmete sich
nämlich ein Artikel im "Top Hockey" ausführlich der Thematik
Partnerklubs. Rechtlich waren damals solche Zusammenarbeiten bereits seit rund
zehn Jahren möglich. Nach der Jahrtausendwende begann die Hochphase der
Partnerschaften aber erst. Die NLB-Teams frassen dabei den NLA-Clubs zuerst
noch aus der Hand. Dass Spieler dauerhaft in der NLB platziert werden sollen,
wurde geglaubt. Schlussendlich waren und sind die NLB-Clubs aber nicht mehr als
Auffangbecken und Abstellplätze für Spieler die im NLA-Team kein Platz finden.
Der A-Klub hat freie Verfügung und lebt diese aus. Viele zwar nur im Notfall,
wie manche betonen mögen - der Notfall ist aber relativ. Ob Visp mit der
Partnerschaft mit dem SCB wirklich glücklich ist, darf ruhig hinterfragt
werden. Ein Marco Müller, der in Visp vorgesehen war, pendelt zur Zeit quasi
zwischen NLA und NLB hin und her. Bereits im 2005 meinten die ambitionierten
NLB-Vereine, dass man nicht plötzlich während der Saison ein Spieler an ein
Partnerteam abgeben wolle. Diese Aussage war unter anderem vom heutigen
Verbandsfunktionär und damaligen Manager der Basler Ueli Schwarz zu vernehmen.
Erstaunlich daher, wie er jetzt zu denen gehört, die anscheinend solche
Partnerschaften zumindest insgeheim unterstützen, um die NLB quantitativ wieder
zu stärken. Dies zeigte auch sein Vorschlag zur Begrenzung der Ausländerzahl
oder zur Verpflichtung der NLB-Clubs eine bestimmte Anzahl an U23-Spielern pro
Spiel einzusetzen. Wie er damals als Manager von Basel auf solche Ideen
reagiert hätte, ist unschwer zu erraten.
Heute
ist das Spitzenfeld in der NLB ausserdem grösser als noch vor zehn Jahren.
Damals waren Basel und Biel Spitzenteams, davor Genf, danach Lausanne. Heute
sind es mit Langnau, Visp, Olten, Langenthal und La Chaux-de-Fonds deren fünf
Clubs, die hohe Ambitionen besitzen. So erscheinen die Worte von Ligapräsident
Marc Furrer zu Saisonbeginn schon wie ein schlechter Witz, als er sich für eine
starke NLB aussprach. "Wer beispielsweise einmal an einem Derby
Olten-Langenthal war, der möchte so etwas nicht missen." Das tut er aber,
wenn er sich nicht dagegen ausspricht, dass die NLB zur Farmteamliga verkommt. Denn
dieser Weg bringt möglicherweise zumindest kurzfristig mehr Teams in die NLB,
wie von allen gewünscht, sichert aber die Zukunft der NLB nicht. Das Niveau
würde sinken, da für Teams wie Olten oder Langenthal langfristig die Liga
unattraktiv wird. Eine Hybridliga ist Wunschdenken. Denn Spiele gegen Herisau,
Biasca oder Morges sind sportlich für Gelegenheitszuschauerinnen und -zuschauer
so interessant wie es heute die Spiele gegen die GCK Lions sind.
Sponsorenauftritte würden weniger attraktiv, zumal das Image der NLB
automatisch dahin tendieren würde, dass man nur noch von einer Farmteamliga
sprechen würde. Aussagen wie die von Marc Lüthi, CEO vom SCB, dürften dann der
Vergangenheit angehören. "Nie während dem ganzen Spiel hatte ich das
Gefühl, dass da eine NLB-Mannschaft spielt", meinte er nach dem Cupspiel
gegen Langnau. Ja lieber Marc Lüthi, Langnau wird in der NLB trotz der
aktuellen Dominanz auch regelmässig gefordert. Visp hat im Achtelfinal des Cups
nicht per Zufall gegen Davos gewonnen, auch wenn dort bei Weitem nicht alle
Stars aufliefen. Wenn Marc Lüthi und seine NLA-Kollegen sich ein wenig mehr mit
der NLB auseinandersetzen würden, würden sie erkennen, dass nicht nur Langnau
in der NLB auf hohem Niveau Hockey spielt. Aber wer kann es den NLA-Vereinen
Übel nehmen, wenn selbst die Ligaspitze zu keinen qualifizierteren oder
glaubwürdigeren Aussagen im Bezug auf die NLB fähig ist.
Nun,
zumindest den Fantasten aus Rapperswil kann nur das Handwerk gelegt werden, wenn
sie selbst absteigen sollten oder sich die NLB im unerwarteten Fall von der NLA
lossagen und das Schicksal der NLB selbst in die Hand nehmen würde (parallel zu
Schweden). Das realistischste Szenario aus Sicht eines ambitionierten NLB-Vereins
bleibt aber: Suche die Flucht nach oben, die NLB wird nämlich zerstört. Einmal
mehr ist die Quintessenz zur Zukunft der NLB daher dieselbe. Eben, das Thema
dreht sich im Kreise und das immer schneller.
Für Freunde des gedruckten Wortes: Dieser Text erscheint ebenfalls in einer dreiteiligen Serie in den EHCO-Matchprogrammen vom 23.12., 27.12. und 04.01.